Nach drei Stunden voller Gardetanz, voller Sketche, voller Humor, Musik und Kreativität öffnet sich das große Tor in der Mitte der Bühne. Es ist der Moment, auf den alle in der voll besetzten Halle gewartet haben: der Moment, in dem sich das neue Prinzenpaar der Ersinger Karnevalsgesellschaft „Fledermaus“ zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Ihre Lieblichkeit Noelle I. (Kugel) und seine Tollität Fabian I. (Hein) werden bis Aschermittwoch regieren und dabei einen „Kampf gegen Stumpfsinn und Trübsal“ führen. So formuliert es das neue Herrscherpaar in seiner Antrittsrede, verbunden mit einem klaren Appell an das närrische Volk: „Lasst uns gemeinsam singen, tanzen lachen; feiern, bis die Wände krachen.“ Es ist ein Appell, der am Wochenende in der Ersinger Turn- und Festhalle nicht ungehört verhallt. Hunderte Besucher sind zur Feier des Elften im Elften gekommen, um gemeinsam in die bevorstehende Kampagne zu starten. Kurzweilig und bunt ist das Programm, mitreißend und humorvoll.
Auf der Bühne drücken sich die Aktiven der KG Fledermaus gegenseitig die Klinke in die Hand. Zwei von ihnen sind Svea Melcher und Elena Morlock, die auch gerne Prinzessin geworden wären. Ein verantwortungsvolles Amt, an das höchste Anforderungen gestellt werden: Man sollte gut aussehen, darf weder „neigschmeckt“ noch verheiratet sein und „maximal drei Kinder von vier Männern“ haben. Oder so ähnlich. Kurzerhand bewerben sich die beiden bei der Casting-Sendung „Ersingen sucht das Fasnets-Prinzenpaar“: letztlich zwar ohne Erfolg, aber immerhin: Quasi im Vorbeigehen finden sie in ihrem Sketch den Regenten-Stab des Prinzen wieder – im Fundbüro, das die Gruppen „La Fleurs“ und „WD40“ im Ersinger Rathaus gemeinsam eingerichtet haben. Bei Benjamin Klingel, Patrick Reiling, Keven Frei, Andre Brenk und Stefan Schuster geht es drunter und drüber. Eine Frau mit Bart und tiefer Stimme taucht ebenso auf wie ein Mann, der eine im Gemeinderat gerissene Hutschnur sucht, eine grüne wohlgemerkt. Doch grüne Hutschnüre gibt es wenig. Und wenn, dann liegen sie „in dem Regal neben den Fischer-Netzen“. Sonst findet man im Fundbüro aber einfach alles: Ming-Schüsseln, Büchsenwurst mit und ohne Aspik, Handschuhe der Größe „rechts“, sogar „Fliegerbomben aus dem Mittelalter“ und einen vermutlich aus Bilfingen entflohenen Vogel, der die Leute zum Schunkeln animiert: „Das kann nur ein Kakadu sein.“
Mehr Ruhe herrscht am Esstisch der Gruppe „Drei Engel für Charly“. Allerdings nur auf den ersten Blick. Denn dort nehmen Monja Bischoff, Antonia Kolb, Charly Schuster und Heike Rieflin in Seitenhieben genüsslich die Kommunalpolitik aufs Korn: Vom „Mords-Stau“ in der Langen Straße ist genauso die Rede wie vom neuen Kinderspiel „Zähl den Thomas“, das beim Studieren des Amtsblatts vor allem dann gut funktioniert, wenn man nach Fotos mit dem Bürgermeister Ausschau hält. Als die vier ihre selbst geschriebenen Lieder zum Vortrag bringen, tobt und klatscht die ganze Halle. Die Stimmung ist bestens bei der KG Fledermaus. Die Musiker vom „Top Team“ sorgen für schwungvolle Melodien, die Garden für mitreißenden Tanz. Bei einem Marsch erinnert die mittlere Garde an die Kultband Abba, während die große Garde bei einem Schautanz in die Welt der Wikinger entführt: mit einem Schiff, eindrucksvollen Lichteffekten, künstlich lodernden Feuern und liebevoll gestalteten Kostümen. Während die beiden Funkenmariechen Elena Winteroll und Annika Steinbrecher bei ihrem Regenbogen-Marsch Räder schlagen, Spagate zeigen und mit Bändern tanzen, dreht sich bei der kleinen Garde alles um die Farbe pink und um Barbie: als Prinzessin, als Rockstar und als Cowgirl. Mit Beifallsstürmen dankt das Publikum für einen überaus gelungenen Auftakt in die fünfte Jahreszeit.
Autor: Nico Roller